Interview mit Stefan Reichert

2005 schaffte Stefan Reichert den Sprung vom VfB „Elbe“ Uetz zum 1.FC Lok Stendal in die Fußball-Verbandsliga. Am vergangenen Samstag war er zu Gast beim Heimspiel unserer Fußballer gegen den SSV Havelwinkel Warnau. Vor der Partie sprach der 31-jährige mit elbe-uetz.de über seine turbulente Zeit bei Lok, seine Rückkehr zum VfB und seine Zukunft als Tennislehrer.

 

Stefan, für alle die Dich in den letzten Jahren etwas aus den Augen verloren haben: Wie geht es Dir und wo wohnst du zurzeit?

Ich wohne seit 2010 mit meiner Frau und meinem kleinen Sohn wieder in unserer alten gemeinsamen Heimatstadt Tangerhütte. Wir fühlen uns hier sehr wohl und es geht uns allen sehr gut.

 

Bis 2005 warst Du sehr erfolgreich mit unserem VfB in der Landesklasse aktiv. Dann folgte der Sprung zum 1.FC Lok Stendal, wo Du sehr bald Stammspieler und später sogar Kapitän der Verbandsliga-Elf wurdest. Überraschend kam dann 2008 dein Wechsel in die Kreisliga. Wie kam es dazu?

2005 kam es zum Kontakt mit Henry Berg. Er holte Christan und mich nach Stendal. Für mich persönlich war es eine ganz besondere Herausforderung und ich habe 3 tolle, sehr turbulente Jahre bei Lok Stendal erlebt. Gleich in meiner ersten Saison hatte ich es mit 3 neuen Trainern zu tun. Darunter auch der ehemalige Zweitligaspieler Frank Lieberam. Dann stand Lok ja bekanntlich kurz vor der Insolvenz und nur mit Hilfe vieler engagierter Menschen konnte das Aus abgewendet werden.

Es folgte eine verrückte Saison in der wir mit einem sehr dünnen Kader gegen den drohenden Abstieg kämpften. Damals konnten wir erst am 32ten Spieltag dank eines 1:0 Heimsieges, in dem ich sogar das Siegtor erzielte, den Klassenerhalt sichern.

In der Winterpause der Saison 2007/2008 ging dann irgendwie alles ganz schnell. Henry Berg hatte seit einem Jahr das Traineramt in Klietz übernommen. Und wer Henry kennt, der weiß, dass er immer ein klares Ziel vor Augen und hohe Ansprüche hat. Da wir persönlich immer einen sehr guten Kontakt hatten, sagte ich ihm nach einem Gespräch recht schnell zu und wechselte noch in der Winterpause nach Klietz.

Einen Wechsel den ich bis heute nie bereut habe. Klietz gelang mit Henry Berg und Dir auf Anhieb der Aufstieg in die KOL und ein Jahr später die Vizemeisterschaft.

 

Die Weichen Richtung Landesklasse schienen gestellt, was geschah dann?

Natürlich war das Ziel Aufstieg in die Landesklasse. Wir hatten damals mit Rot Weiß Arneburg aber einen sehr starken Konkurrenten, der das gleiche Ziel vor Augen hatte. Durch einige verletzungsbedingte Ausfälle haben wir dann zu früh den Anschluss an Arneburg verloren und damit auch das große Ziel Aufstieg. Diese Stimmung machte sich dann auch im Team breit und der ein oder andere ließ sich etwas hängen.

Viele Spieler haben sich in den 3 Jahren unter Henry sehr toll weiterentwickelt. Da aber viele nur freitags trainieren konnten, kamen wir an einen Punkt an dem es nicht weiterging und Aufwand und Nutzen nicht mehr im Verhältnis standen. Auch die Tatsache das Henry beruflich und durch die Betreuung der F-Jugend von Lok Stendal zeitlich stark eingeschränkt war, machte es nicht leichter. Daher war abzusehen, dass es im Verein einige Veränderungen geben wird. Trotzdem kann man in Klietz sehr stolz auf das Erreichte sein. Wichtige Leistungsträger, wie etwa Jörn Schulz und Timm Hensel, verließen in der Folge den Verein.

 

Hat Dich diese Entwicklung beeinflusst, mit nur 31 Jahren Deine Schuhe an den Nagel zu hängen?

Ganz klar NEIN. Denn meine Entscheidung stand schon fest bevor die beiden ihre Wechsel bekannt gaben.

 

In der Sommerpause gab es dann allerdings zahlreiche Gerüchte die Dich mit verschiedenen Vereinen in Verbindung brachten. Gab es von Deiner Seite irgendwelche Wechselgedanken oder Gespräche?

Ja es gab einige Anfragen von verschiedenen Vereinen aus der Region. Doch ein Wechsel stand für mich nie zur Debatte. Ich habe mich in Klietz sehr, sehr wohl gefühlt. Ich wurde super dort aufgenommen und habe viele neue sehr gute Freunde kennengelernt.

 

Aber wer Dich kennt, kann sich nur sehr schwer vorstellen, dass Du ohne Fußball leben kannst. Wie willst Du zukünftig Deinen sportlichen Ergeiz befriedigen?

1998 habe ich schon einmal meine Fußballschuhe an den Nagel gehängt. Damals habe ich dann in Uetz Tennis gespielt und mir vom Tennisplatz aus die Fußballspiele vom VfB angeschaut. Ich kann mich da sogar noch an ein Tor von Jörn Kiehl erinnern. Es war ein Fernschuss von halb rechts genau in den Winkel. Etwa vier Wochen später stand ich dann selbst auf dem Platz. Erst für die zweite Mannschaft im Heimspiel gegen Kläden und direkt im Anschluss „durfte“ ich nach Lüderitz fahren und gleich noch einmal 90 Minuten für die Landesklasse-Elf auflaufen. Danach ließ man mich dann nicht mehr gehen!

 

Du hast in Deiner Laufbahn einiges gesehen und viel erlebt. Gab es besondere Momente an die Du Dich erinnerst?

Wie vorhin schon erwähnt, war der Sieg mit meinem Tor gegen Sanderdorf und der damit verbundene Klassenerhalt ein unvergessliches Erlebnis, weil es auch eine sehr emotionale Saison war und wir dazu beitragen konnten, Lok weiterhin in der Verbandsliga zu halten. Vielleicht war es ein ganz wichtiges Jahr überhaupt für den 1.FC Lok Stendal. Aber darüber kann man natürlich nur spekulieren.

Das schönste Erlebnis hatte ich aber in meiner Uetzer Zeit. Und zwar war das der Sieg mit dem VfB beim Hallenmasters in Beetzendorf zur Jahrtausendwende. Es war damals ein unglaubliches Erlebnis vor über 1000 Zuschauern zu spielen und den Pott zu gewinnen. Ein bis heute unvergesslicher Moment.

 

Gab es während Deiner Karriere Trainer oder Mitspieler die Dich geprägt haben oder besonders beeindrucken konnten? Zu wem hast Du heute noch Kontakt?

Jeder Trainer mit dem du länger zusammen „arbeitest“ prägt dich irgendwo. Sei es „Rudi“ Matternes Papa, Peter Matterne, der sehr viele Jahre mein Jugendtrainer war, oder Jens Ruhnke in meiner Zeit beim VfB oder Henry Berg in der Zeit bei Germania Klietz. Jeder hat einen Anteil an meiner fußballerischen aber auch persönlichen Entwicklung. Und dafür kann ich mich nur bei ihnen bedanken.

Bei Spielerpersönlichkeiten fallen mir sofort drei Namen ein: Christian Lust, Kemo Ceesay und Sören Osterland. Über Christian brauche ich nicht viel sagen, ihr kennt ihn alle. Jeder würde sich wünschen eine so charakterstarke Persönlichkeit und dazu noch guten Fußballer in seiner Mannschaft zu haben.

Kemo Ceesay war wohl der stärkste Fußballer mit dem ich jemals zusammengespielt habe. Er war einer der wenigen die mich in jedem Training alt aussehen lassen haben. Ihm den Ball abzunehmen war so gut wie unmöglich. Wir haben uns beide immer sehr gut verstanden und auch privat öfters etwas unternommen. Bis heute telefonieren wir noch regelmäßig und er hat mich ja zu einem Spiel nach Gambia eingeladen, wenn er dort Trainer der Nationalmannschaft ist.

Bleibt noch Sören Osterland. Zu meiner Zeit bei Lok war er nicht nur mein Spindnachbar, sondern auch einer meiner besten Freunde in der Mannschaft. Wenn einer von uns beiden nicht so gut drauf war, haben wir uns gegenseitig aufgebaut und motiviert. Das war zu der Zeit bei Lok sehr wichtig. Jeder konnte sich auf den anderen verlassen. Sören ist auch ein Mensch mit einer besonderen Persönlichkeit und einer großen Begabung. Nicht umsonst wird er in der kommenden Saison Co-Trainer von Mehmet Scholl bei der Reserve des FC Bayern München. Auch mit Sören bin ich noch in Kontakt und habe bereits eine Einladung nach München bekommen.

Seit September bist Du nun wieder für unseren VfB am Ball. Allerdings gehst Du nicht in der Kreisoberliga auf Torejagd, sondern spielst für unsere Alt-Herren-Mannschaft in der Tangerhütter Volkssportrunde. Wie kam es dazu?

Da ich ja nicht mehr aktiv in einem Verein spiele, habe ich ja die Berechtigung an der Volkssportrunde teilzunehmen. Jeder weiß wie gerne ich in der Halle spiele. Tom Görges hatte mich ja schon im Sommer gefragt ob ich nicht Lust hätte mitzukicken. Ich habe lange überlegt ob ich es wirklich machen soll und mich dann einen Tag vor Saisonbeginn dafür entschieden.

 

Für viele Außenstehende ist es schwer nachzuvollziehen, wieso Du Altherren-Fußball dem Spielbetrieb in der KOL oder Landesklasse vorziehst. Hast Du eine Erklärung?

Für den Rücktritt vom aktiven Fußball gibt es mehrere Gründe. Ich arbeite im Schichtdienst und auch hin und wieder an den Wochenenden. Es ist deshalb nicht einfach zu trainieren oder rechtzeitig beim Spiel zu sein. Aber ohne regelmäßiges Training kann ich auch nicht mehr 100% meines Leistungsvermögens abrufen. Sicher reicht es noch um hier und da etwas mit zu kicken. Aber das reicht mir nicht. Dafür bin ich dann doch noch zu ehrgeizig. 100% oder gar nicht.

Ich möchte mich in Zukunft wieder voll auf den Tennissport konzentrieren. Hier kann ich ganz flexibel trainieren und mich auf die Punktspiele und Turniere vorbereiten.

Die Volkssportrunde ist eine willkommene Abwechslung im Winter um nicht völlig einzurosten.

 

Nach 19 von 22 Spielen steht unser Team bereits als neuer Meister der Volksportrunde fest. In der Torschützenliste liegst Du mit 42 Treffern vor Jens Ruhnke (40) an der Spitze. Welchen Stellenwert haben diese Erfolge für Dich?

Ich sage mal so: es ist ein schöner Nebeneffekt. In erste Linie zählen für mich die Bewegung und der Spaß. Alles andere ist nicht so wichtig. Denn sich in der Volkssportrunde in der es vor allem gegen 40-50 jährige geht, mit der Torjägerkrone zu rühmen, wäre wohl völlig daneben. Das kann ich schon richtig einschätzen. Aber das Niveau ist in vielen Spielen erstaunlich hoch und man kann nur großen Respekt zollen, wie manche „alte“ Herren noch über das Parkett fegen.

Außerdem ist in Sachen Torjägerkrone noch nichts entschieden. Ich lege Jens in den nächsten Spielen noch ein paar Bälle auf und dann passt das schon!

 

Unsere Erste gewann in den letzten Jahren dreimal in Folge die Volkssportrunde. Durch Dein Mitwirken wurde die Dominanz in dieser Saison noch gewaltiger. 166 Tore in 19 Spielen sind eine beeindruckende Marke. Was sagst Du zu den daraus resultierenden Diskussionen um z.B. kleinere Tore?

Ich habe die Diskussion mitbekommen und habe auch eine klare Meinung dazu. Zum Männerfußball gehören große Tore. Einige erhoffen sich vielleicht eine Chancengleichheit oder spannendere Spiele.

Das geht aber meiner Meinung eher nach hinten los. Denn die spielstarken Mannschaften haben bei kleinen Toren einen noch größeren Vorteil. Sicher fallen einige Ergebnisse nicht mehr so hoch aus. Aber spannendere Spiele wird es dadurch nicht geben. Und auch für die Zuschauer wäre es unattraktiver. Aktuell hatten mehr als die Hälfte aller Spiele ein knappes Endergebnis. Resultate wie 7:7,6:5, 5:5, 5:4; 8:5 wie es sie zuletzt mehrfach gab, wird es mit kleinen Toren nicht geben.

 

Ende März geht die Hallenmeisterschaft zu Ende. Wirst Du im Anschluss mit unseren Oldies auf dem grünen Rasen zu sehen sein?

Im Augenblick sage ich dazu ganz klar NEIN.

 

In Deiner aktiven Zeit hast Du Dir auch immer Gedanken um Gegner, Aufstellung, Spielsystem und Taktik gemacht. Kannst Du Dir vorstellen irgendwann als Trainer eine Mannschaft im Nachwuchs oder Herrenbereich zu betreuen?

Ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht, könnte es mir im Augenblick auch nicht vorstellen. Ich wäre wahrscheinlich ein viel zu strenger Lehrer.

Als Tennislehrer könnte ich es mir schon eher vorstellen. Christian hatte mich ja auch schon mal angesprochen ob wir in Uetz einen Tenniskurs für Kinder anbieten könnten. Das wäre sicher eine interessante Sache…

 

Stefan, Vielen Dank für das ausführliche Interview. Elbe-uetz.de wünscht Dir viele Torvorlagen in den letzten 3 Hallenpartien und maximalen Erfolg für die kommende Tennissaison.